27. Juli 2024
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Jörg Hartmann stellt sein Buch “Der Lärm des Lebens” vor

MEINERZHAGEN (mk) Ein hochkarätiger, allerdings für die Literaturtage ungewöhnlicher Künstler stand am vergangenen Sonntag, 15. April, auf der Bühne der Meinerzhagener Stadthalle: Der Schauspieler Jörg Hartmann. Den Namen braucht man vielen Menschen vermutlich nicht zu erklären, obwohl viele Darsteller oft nur mit ihren Hauptrollen identifiziert werden. Für diejenigen, die ihn nicht auf Anhieb einordnen können: Es handelt sich um den Mann, der im Dortmunder “Tatort” seit 2012 den Hauptkommissar Peter Faber spielt. Oder für seine Rolle als Stasi-Offizier Falk Kupfer in der Serie “Weissensee” einen der zahlreichen Grimme-Preise erhielt, die die TV-Produktion in verschiedenen Kategorien abräumte. Mit seiner schauspielerischen Karriere hat sein Auftritt in Meinerzhagen allerdings nicht so viel zu tun: Jörg Hartmann hat ein Buch geschrieben.

Eine reine Lesung war die erneut von Terry Albrecht moderierte Veranstaltung allerdings auch nicht, eher eine Art “Bühnen-Talk”, bei der Hartmann natürlich auch einige Geschichten aus seinem Erstlingswerk als Buchautor las. “Der Lärm des Lebens” ist quasi die Lebensgeschichte der Familie Hartmann. Trotz der autobiografischen Elemente ist sie aber keineswegs die Lebensgeschichte von Jörg Hartmann selbst. “Dafür wärst Du auch noch etwas zu jung”, befand der WDR-Literaturexperte Albrecht, der sich mit dem Schauspieler sogleich auf den Begriff “Bestandsaufnahme” einigt.

Die Stadthalle war gut gefüllt, als Terry Albrecht und Jörg Hartmann auf die Bühne kamen. Fotos: Markus Klümper

Das Buch ist Jörg Hartmanns Familie gewidmet, und voll mit Geschichten, die zwar im Wesentlichen wahr sein sollen, aber, so Hartmann ehrlich, “ein Eigenleben entwickelt haben”. Viele der Episoden könnten sich in ähnlicher Form auch in anderen Familien ereignet haben. Vor allem in Städten des Ruhrgebiets, mit dem bekanntermaßen besonderen Menschenschlag. Hartmann beginnt recht chronologisch mit Erzählungen über seine Jugend und seine Zeit als junger Erwachsener. Und bringt dabei einen Namen ins Spiel, den vermutlich nur absolute Kenner der Materie mit der beschaulichen Kleinstadt Herdecke in Verbindung gebracht hätten: Roy Black. Tatsächlich hat der Schlagerstar im letzten Jahr seines Lebens in der 23.000-Einwohner-Stadt gelebt, obgleich er eher (und nicht zu unrecht) mit Bayern oder Österreich in Verbindung gebracht wird. Im Gegensatz zu Hartmanns Vater Hubert, von Freunden liebevoll “Hubsi” genannt, hat Roy Black nur einen völlig untergeordneten Einfluss auf den zukünftigen Schauspieler gehabt. Allerdings hat der Promi-Bewohner in Herdecke wohl für einen Hype gesorgt, der dafür verantwortlich gewesen soll, dass Hartmann und sein Mitbewohner ihrer “abgeranzten Studentenbude” mit Zeitungsausschnitten gestalterisch den Rest gaben. Die befand sich allerdings in Stuttgart, wohin es Hartmann von Herdecke aus mittlerweile verschlagen hatte.

Aber es waren ja auch mehr als ereignisreiche Jahre, mit denen Hartmann in seine Familiengeschichte einstieg. Nämlich die Zeit um den Mauerfall herum: “Die Zeitgeschichte hat geklingelt. Morgens um 6 Uhr”, berichtet Hartmann von einem Besuch eines Pärchens aus der Noch-DDR. Familie Hartmann kannte die beiden aus einem Ungarn-Urlaub. “Flüchtig”, wie der Schauspieler doppeldeutig hinzufügte. Jedenfalls hatten die beiden “rübergemacht” und suchten in Hartmanns elterlichen Wohnung erstmal Unterschlupf.

Das Buch “Der Lärm des Lebens” stand an diesem Abend im Mittelpunkt. Foto: Markus Klümper

Wie genau der später als sehr umgänglich und warmherzig beschriebene Hubert Hartmann mit der Lage umging, wurde nicht zu sehr vertieft, was vielleicht einer von vielen Gründen ist, das Buch zu kaufen, dass bei dieser Literaturveranstaltung im Mittelpunkt stand. Und in dem nicht Jörg Hartmann die Hauptrolle spielt, sondern sein Vater. Dessen Demenzerkrankung war der Auslöser, überhaupt mit dem Schreiben anzufangen: “Demenz frisst einen großen Teil der Erinnerung auf, und ich wollte das alles irgendwie festhalten”, beschreibt Hartmann die Motivation zu dem Buch, dass als solches garnicht geplant war. Aber sichtlich Spaß macht, trotz aller wehmütigen Erinnerungen: “Tragik und Komik hängen bei uns immer eng zusammen”, stellt Hartmann fest. Gute Voraussetzungen für ein spannendes und lesenswertes Werk, in dem sich Hartmann auch intensiv mit dem Leben seiner gehörlosen Großeltern in der Nazi-Zeit auseinandersetzt.

Natürlich ist “Der Lärm des Lebens” ein sehr persönliches Werk, was auch den Literatur-Journalisten Albrecht etwas aus der Reserve lockt: “Ich habe ein Problem mit dem Buch, weil mich normalerweise der Autor nicht interessiert”, beichtet der WDR-Redakteur im Bühnengespräch. Ein Problem, dass er aber offenbar überwunden hat. Dass Jörg Hartmann trotz aller nicht vorhandenen (oder zumindest nicht gezeigten) Allüren eine starke Präsenz auf der Bühne hatte, unterscheidet ihn sicher von manchen anderen Autoren. Der Star-Gast, der auf Einladung der Meinerzhagener Stadtbücherei sowie der Buchhandlung Schmitz diesen Termin in seine Lese-Tournee aufnahm, legte keinen großen Wert darauf, als einer der populärsten “Tatort”-Darsteller wahrgenommen zu werden. Dennoch wurde seine Schauspiel-Karriere an diesem Abend thematisiert. Als Jörg Hartmann seinen Werdegang beschrieb, als er von Herdecke aus seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten auslotete. Nachdem sein Vater 2018 im Alter von 82 Jahren starb, verewigte Hartmann das Thema Demenz auch im Drehbuch, dass er für eine “Tatort”-Folge schrieb. Vermutlich keine leichte Aufgabe, denn im tatsächlichen Leben schien er zu seinem Vater ein ziemlich gutes, herzliches Verhältnis gehabt zu haben: Der handballbegeisterte “Hubsi” wird als sehr freundlicher und liebenswerter Mensch beschrieben.

Als sehr umgänglich entpuppte sich auch Jörg Hartmann. Von den rund 250 Gästen der gutgefüllten Stadthalle kamen viele mit einem Exemplar des Buches, oder kauften es sich vor Ort, um eine Signatur des Schauspielers zu erhaschen. Die Schlange war riesengroß, dennoch hielt Hartmann mit jedem Besucher ein kurzes Schwätzchen und ging anschließend noch mit den Organisatoren des Abends ein Bier trinken. Für die Besucher ging ein spannender und weiten Teilen auch amüsanter Abend zu Ende, denn wer Jörg Hartmann in einer seiner schon jetzt unzähligen Rollen im Fernsehen erlebte, weiß: An Wortwitz mangelt es ihm bestimmt nicht.

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